Am 30.11.2022 veröffentlichte die Staatskanzlei NRW eine Pressemitteilung mit folgendem Titel:“49 Erinnerungsbäume für die Opfer der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen an landesweitem Gedenkort gepflanzt. Ministerpräsident Wüst: 49 Menschen wurden aus dem Leben gerissen und werden schmerzlich vermisst – jeder Erinnerungsbaum steht für einen besonderen Menschen und dessen Leben sowie für Familien, die den Verlust ihrer Lieben verkraften müssen“ (https://www.land.nrw/pressemitteilung/49-erinnerungsbaeume-fuer-die-opfer-der-hochwasserkatastrophe-nordrhein-westfalen).
Auf unsere Anfrage hin, ob denn die Hinterbliebenen eingeladen gewesen seien, gab es seitens des Kreis Euskirchen folgende Antwort :“Die Staatskanzlei hat die Angehörigen der Opfer angeschrieben und über das Vorhaben informiert. Die Landesregierung plant nach den Aussagen des Ministerpräsidenten im nächsten Jahr eine gemeinsame Gedenkveranstaltung mit den Hinterbliebenen. Dann soll auch ein Gedenkstein ergänzt werden.“
Zwischenfazit: Großartige Worte – aber die Familien, die den Verlust ihrer Lieben verkraften mussten, waren offenbar entbehrlich. Keine Beteiligung Hinterbliebener bei Idee für die Gedenkstätte, deren Ausgestaltung, wo diese sein sollte und dann bei der finalen Baumpflanzaktion vom Landesvater Wüst – sie wurden nur in Kenntnis gesetzt, erfahren zum Teil nur aus dem Radio von diesem Vorhaben?
Gestern machte sich das Team Gedenken auf den Weg, um diese Gedenkstätte zu besuchen.
„Der Gedenkort im stark von der Flut betroffenen Kreis Euskirchen befindet sich an der Kreuzung der Bundesstraßen 51 und 258 nahe Blankenheimerdorf.“
In Vorbereitung auf die Fahrt haben wir auf der Website der Gemeinde Blankenheim recherchiert, um als „Auswärtige“ eine Anfahrtsbeschreibung zu finden. „Lediglich im Amtsblatt „Meine Gemeinde“ steht auf der Frontseite folgender Hinweis: 49 Linden stehen jetzt auf einer Weise der NRW Stiftung nahe Blankenheimerdorf. Sie bilden die zentrale Gedenkstätte des Landes NRW für die Flut vom 14.Juli 2021“.
Wir haben uns dann von Odendorf auf den 43 km langen Weg gemacht. Vor Ort gibt es keinerlei Hinweise auf die landesweite Gedenkstätte. Auf einem Waldparkplatz entdeckten wir ein Fahrzeug des lokalen Taxi Unternehmens „Taxi – Dieter“. Der Fahrer konnte uns nicht sagen, wo sich die Gedenkstätte befindet.
Wir machten uns auf die Suche. Es gibt es keinerlei Hinweisschilder für die Gedenkstätte vor Ort.
Von der B258 aus sahen wir kurz vor einer Unterführung in einiger Entfernung eine Baumreihe – konnte das die Gedenkstätte sein (siehe 01)
Wir hatten die Gedenkstätte gefunden (siehe 02 Screenshot Google Maps).
An der B 258 selbst gibt es keine Parkmöglichkeit (siehe 03)
Der nächste öffentliche Parkplatz befindet sich in 800 m Fußweg entfernt (siehe 04 Screenshot Google Maps).
Der schmale Asphaltstreifen, der zu der gesichteten Baumreihe führt, erlaubt die Nutzung nur für Land – und forstwirtschaftlichen Verkehr. Fällt da der Besuch einer Gedenkstätte drunter? Egal – wir haben es einfach riskiert.
Die Gedenkstätte öffnet sich dann in zwei Teile / Arme. Die Zuwegung bei dem linken Arm bleibt asphaltiert (siehe 06),
die Zuwegung beim rechten Arm ist Wiese (siehe 07).
Für den deutlich längeren rechten Arm ist unbedingt festes Schuhwerk erforderlich (siehe 08).
Offenbar war vor uns schon einmal jemand zu Weihnachten bei der Gedenkstätte. Ein wenig trostlos hängt zwischen zwei Bäumen des rechten Arms eine Weihnachtslichterkette (siehe 09).
Die Lichterkette leuchtet schwach vor sich hin (siehe 10),
obwohl die Stromversorgung der Gedenkstätte durch eine in der Nähe befindlichen Überlandleitung doch eigentlich gesichert wäre – Ironie aus (siehe 11).
Sollte irgendjemand an der Gedenkstätte verweilen wollen – eine Bank gibt es nicht, aber die wird es wohl geben, wenn das Gedenken am zweiten Jahrestag seitens der Landesregierung offiziell ermöglicht werden wird.
Zitat Presseerklärung vom 30.11.2022: Ministerpräsident Hendrik Wüst:
„49 Menschen haben in Nordrhein-Westfalen durch die Flut ihr Leben verloren. 49 Menschen wurden mitten aus dem Leben gerissen und werden bis heute von ihren Familien, Freunden und Bekannten schmerzlich vermisst. Und sie alle werden niemals vergessen. Die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hat unser Land hart getroffen und bei vielen Menschen tiefe Spuren hinterlassen. Der Landesregierung und auch mir persönlich war es sehr wichtig, einen zentralen Erinnerungsort zu schaffen – einen Ort zum Innehalten und zum Gedenken. Jeder der 49 Erinnerungsbäume steht für einen besonderen Menschen und dessen Leben sowie für Familien, die den Verlust ihrer Lieben verkraften müssen. Gerade für sie, aber ebenso für uns alle wünsche ich mir, dass dieser Ort inmitten der Natur auch ein Ort der Hoffnung und der Zuversicht für uns und kommende Generationen wird.“
FAZIT:
Eine Gedenkstätte einzurichten, ohne Hinterbliebene in irgendeiner Weise zu beteiligen, das geht einfach nicht! Eine zentrale Gedenkstätte ist nicht zentral, wenn Hinterbliebene aus Kamen 169 km anfahren müssen, wenn diese sich selbst im von der Flut stark betroffenen Kreis Euskirchen am äußeren Rand befindet? Eine Gedenkstätte, die nicht einmal im Ansatz barrierefrei ist, kann man nur als Fehlplanung bezeichnen. Ein nackter Wiesenacker, von Bundesstraßen Straßen umrahmt, überquert von Hochspannungsleitungen mit Windrädern in unmittelbarer Nähe ist keine würdige Fläche für eine Gedenkstätte!
Es bleibt bei der Frage: Was hat die Landesregierung sich bloß dabei gedacht?
Oder ging doch nur um ein wohlfeiles Foto kurz vor Jahresschluss (siehe 12)?